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OceanCare - Färöer Inseln - Neue Studie zeigt Ausmass des Leidens durch Jagd auf Delfine

2025-11-05    
   
Untersuchung des Tierleids bestätigt, dass ethisch nicht vertretbar ist, wie die Grindwaljagd auf den Färöern durchgeführt wird.

Wädenswil, Schweiz: Jahr für Jahr finden auf den Färöer-Inseln Treibjagden auf Grindwale, eine Delfinart, statt. Eine heute im renommierten Fachjournal Biology Letters publizierte Studie untersuchte das Ausmass des damit einhergehenden Tierleids. Dieses tritt in allen Phasen der Jagd auf, bis hin zur Tötung mancher Grindwale bei teilweisem Bewusstsein.

Die Studie beschreibt die verschiedenen Phasen der Jagd – vom Treiben der Grindwale über die erzwungene Strandung, den Fang und die Traktion mit Haken und Seilen bis zur Tötung. Die Autor*innen untersuchten mit dem «Five Domains Model», dem Goldstandard der Tierwohl-Wissenschaft, wie sich jede dieser Phasen potenziell auf die einzelnen Tiere auswirkt. Das Ergebnis: In allen Phasen wird Tierleid verursacht, teilweise in äusserst grossem Ausmass. Die Studie widerlegt damit die Behauptung der Regierung der Färöer, die Jagd würde schnell und effizient erfolgen.

Zunächst werden die Waltiere mit Booten und anderen motorisierten Wasserfahrzeugen getrieben. Das verursacht vermutlich physiologische Stressreaktionen mit verschiedenen negativen Folgeerscheinungen, darunter Schmerz. Die Treibjagd kann auch soziale Gruppen zerreissen und z.B. nicht-entwöhnte Jungtiere von ihren Müttern trennen.

Wenn dann die Grindwale zum Stranden gebracht werden und somit der Wasserauftrieb wegfällt, sind ihre inneren Organe einem starken Druck ausgesetzt, was sie schädigen und starke Schmerzen verursachen kann. Auch Atemnot sowie Verletzungen durch Felsen sind mögliche Folgen der Strandung. Die Haut der Grindwale ist daran angepasst, ständig von Wasser benetzt zu sein. An der Luft wird sie schnell trocken und kann Bläschen bilden. Die Körper können auch überhitzen. Wenn eine grössere Zahl an Grindwalen auf einmal gejagt wird, dauert es eine gewisse Zeit, bis die Jäger alle Tiere getötet haben. Jene, die hierbei als letzte an der Reihe sind, müssen bis zu ihrem Tod eine erhebliche Zeitspanne an den Folgen der Strandung leiden.

Um die Grindwale ins Flachwasser zu zerren und sie dort zu fixieren, stecken die Jäger Haken in die Blaslöcher und ziehen die Tiere mit einem am Haken befestigten Seil. Das Blasloch dient den Walen zur Atmung und sie müssen es schliessen können, um das Eindringen von Wasser zu verhindern. Der Haken unterbindet vermutlich diese beiden Schlüsselfunktionen und kann Schmerzen und Qualen verursachen.

Wenn der Grindwal fixiert ist, verwendet einer der Jäger ein Werkzeug namens «Spinal-Lanze», um das Rückenmark und die umgebenden Blutgefässe zu durchtrennen. Um das Tier sofort und irreversibel bewusstlos zu machen, muss allerdings der Hirnstamm abgetrennt oder die Blutversorgung unmittelbar abgeschnitten werden. Es gibt keine aktuellen Belege dafür, dass dies mit der Spinal-Lanze durchgängig erreicht wird. Vielmehr scheint es wahrscheinlich so zu sein, dass viele Tiere noch ausreichend Blutzirkulation im Gehirn haben, um bei Bewusstsein zu bleiben. Die Jäger sollten dies prüfen, indem sie das Auge des Tieres berühren und auf den Schliessreflex testen. Videosequenzen legen allerdings nahe, dass dies von vielen Jägern nicht gemacht wird, sodass wohl einige Tiere den letzten Schritt des Tötungsprozesses – die Durchschneidung des Nackens mit einem Walfangmesser – bei zumindest teilweisem Bewusstsein miterleben.

Die Autor*innen anerkennen zwar die in den letzten Jahren unternommenen Verbesserungsversuche in Bezug auf das Handling und die Tötung der Tiere, aber es ergibt sich aus dem Wesen der Treibjagd, dass die Grindwale über eine erhebliche Zeitspanne möglicherweise mehrere leidbehaftete Zustände erfahren, darunter Angst, Schmerz, Atemnot, Desorientierung, Benommenheit, Schwäche, Verzweiflung und Panik.

«OceanCare hat sich schon seit vielen Jahren besorgt über die Grausamkeit des Grindadráp (der färöischen Grindwaljagd) geäussert. Diese neue Studie über die Folgen der Jagd wirft ein Licht darauf, wie grausam er tatsächlich ist. Es mag sein, dass dies der färingischen Gesellschaft noch nicht wirklich bewusst ist, und so hoffen wir, dass die Bevölkerung der Inseln durch diese Studie ein besseres Bild des mit der Grindwaljagd verbundenen Tierleids gewinnt“, sagt Mark Simmonds, einer der Studienautoren und wissenschaftliche Leiter bei OceanCare.

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Co-Autorin Laetitia Nunny, Senior Science Officer bei OceanCare, ergänzt

«Grindwale leben in engen Familienverbänden. Diese Gruppen sind für das Überleben im offenen Meer äusserst wichtig und sie achten sehr auf ihren Zusammenhalt. Wenn sie dann Ziel einer Treibjagd werden, folgt daraus, dass sie eng beieinander bleiben. Es muss extrem belastend, ja traumatisch für sie sein, wenn ihnen klar wird, dass sie nicht entkommen können, und wenn sie miterleben müssen, wie rund um sie ihre Familienmitglieder getötet werden. Je besser unser Wissen über Wale und Delfine wird, desto deutlicher zeigt sich, dass sie fühlende Wesen mit einzigartigen Kulturen sind. Wir wissen, dass sie denken und fühlen können und daher ist es nicht zu rechtfertigen, sie auf derart grausame Weise zu töten.“

Über OceanCare

OceanCare setzt sich seit 1989 weltweit für die Meerestiere und Ozeane ein. Mit Forschungs- und Schutzprojekten, Umweltbildungskampagnen sowie intensivem Einsatz in internationalen Gremien unternimmt die Organisation konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren. OceanCare ist vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen als Sonderberaterin für den Meeresschutz anerkannt und ist offizielle Partnerorganisation in zahlreichen UN-Abkommen und internationalen Konventionen. OceanCare engagiert sich zudem in internationalen zivilgesellschaftlichen Bündnissen wie der High Seas Alliance, Seas at Risk, oder der #BreakFreeFromPlastic-Koalition.

Bild : Hans Peter Roth